Geschichte

 

Geschichte der GFGK und der IWE GK

 
Die Darstellung der geschichtlichen  Entwicklung basiert im Wesentlichen auf der Zeittafel »Historische Traditionen  des Genossenschaftswesens an der Universität Halle-Wittenberg 1870 -1950«. Sie  entstand im Rahmen eines Forschungsauftrags des Institutes für Wirtschafts- und  Sozialwissenschaften des Landbaues (heute: Institut für Agrarökonomie und  Agrarraumgestaltung) an der Landwirtschaftlichen Fakultät der  Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, gefördert durch den  Wissenschaftsfonds der DG Bank AG (heute: DZ Bank AG).

Publiziert wurde die Zeittafel in  Meuer, A. / Schmidt, A. / Rönnebeck, G. / Kramer, J.W.(1994): Dokumentation der  genossenschaftlichen Traditionen an der Martin-Luther-Universität  Halle-Wittenberg und der Humboldt-Universität zu Berlin (Berliner Beiträge zum  Genossenschaftswesen, Heft 21), Berlin

1867 bis 1873

Die genossenschaftliche  Gesetzgebung entstand mit dem Preußischen Genossenschaftsgesetz vom 27. März  1867, wurde mit dem Norddeutschen Genossenschaftsgesetz vom 4. Juli 1868  fortgeführt und 1871 zum Reichsgesetz erhoben.

Nachdem mit hoher  Wahrscheinlichkeit bereits Ende der 1860er Jahre in Vorlesungen auf die  Genossenschaftsbewegung eingegangen wurde, begann die Juristische Fakultät der  Universität in Halle »mit besonderer Rücksicht auf die Studierenden der  Landwirtschaft«  im Sommersemester 1870 mit Vorlesungen zum  Genossenschaftsrecht und mit der Literatursammlung zum Genossenschaftswesen.  Die Vorlesungen wurden von dem dort seit 1862 tätigen ordentlichen Professor  des deutschen Rechts, Dr. jur. August Anschütz, durchgeführt.

Ab 1870 wurden im  Staatswissenschaftlichen Seminar der Universität regelmäßig ökonomische,  soziale und historische Fragen der Landwirtschaft und des Genossenschaftswesens  in Lehre und Forschung aufgenommen und etliche Studentengenerationen des In-  und Auslandes in diesen Gebieten ausgebildet.

1873 bis 1911

Gründung des Staatswissenschaftlichen Seminars an der Philosophischen Fakultät. Direktor von 1873-1911: Dr. Johannes Conrad, ordentlicher Professor der Nationalökonomie.Unter Conrad wurden Landwirtschaft und Genossenschaftswesen wesentlicher Gegenstand der Seminartätigkeit. Arbeitsweise des Seminars: Vorträge, Diskussionen, Begriffsdefinitionen, Dissertationen.Die Teilnehmer waren überwiegend Landwirte, darunter Studierende aus Polen, Österreich-Ungarn, Schweiz, Russland, Holland.
Vorträge in dieser Zeit: Ackerbau im allgemeinen und die verschiedenen Ackerbausysteme, Geschichte der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in Deutschland, Unterschied der Preise in Stadt und Land, die Statistik des Getreidehandels, Nutzen der Wirtschaftsbücher für die Agrarstatistik, den Einfluss des Gewerbes und der Industrie auf die Entwicklung der Landwirtschaft, Landwirtschaft und Genossenschaftswesen (mehrere Vorträge), Konsumvereine, Einrichtung von Genossenschaftsvereinen, die Stellung der eingetragenen Genossenschaften zu den Aktiengesellschaften und OHG, Entwicklung des Gartenbaues in der Landwirtschaft und die Unterschiede zwischen ihnen.
Ab 1878 wurden im Landwirtschaftlichen Institut zusätzlich Vorlesungen zum Molkereiwesen gehalten, das in seiner gesamten Entwicklung genossenschaftlich geprägt ist. Ab 1904 begannen Vorlesungen zum landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen, gehalten von Ökonomierat Dr. Raabe.

Ab Gründung des Landwirtschaftlichen Instituts 1863 waren bis zum Beginn des 1. Weltkrieges 1914 über 1.400 Ausländer aus fast allen europäischen Staaten, Asien und Amerika für ein landwirtschaftliches Studium immatrikuliert.

Prof. Conrad vertrat langjährig die ökonomischen Fächer am Landwirtschaftlichen Institut und war Mitglied der Prüfungskommission, so dass die Annahme berechtigt ist, dass bereits im 19. Jahrhundert, vor allem über die Studierenden der Landwirtschaft, der Genossenschaftsgedanke in der ganzen Welt verbreitet wurde.
Prof. Conrad entstammte der bürgerlichen Schule des Sozialreformismus. Er erkannte früh die soziale und wirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaftsbewegung. Er ist damit der verdienstvolle Begründer der Lehre und Forschung zum Genossenschaftswesen an der vereinigten Friedrichs-Universität zu Halle-Wittenberg.

Die stürmische Entwicklung der Genossenschaften ist im Jahre 1910 Anlass der Preußischen Regierung, die wissenschaftliche Bearbeitung dieses Phänomens an der Universität zu veranlassen. Am 6. Dezember 1910 teilt der Kurator der Universität dem Rektor und akademischen Senat mit, dass mit Beginn des nächsten Semesters ein Seminar für Genossenschaftswesen zu begründen ist.

Die Entscheidung der Preußischen Regierung, das Seminar an der Universität Halle zu gründen, erklärt sich u.a. daraus, dass hier das älteste und bekannteste Universitätsinstitut für Landwirtschaft bestand.

 

Professor Anschütz

Professor Conrad

 

Von der Gründung 1911 bis zum vorläufigen Ende 1950

1911
Am 14. Februar 1911 erlässt der preußische Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, v. Trott zu Solz, die Statuten und Prüfungsordnung des Seminars für Genossenschaftswesen.
Der mittlerweile bedeutende, national und international geschätzte Wissenschaftler und Hochschullehrer und ordentliche Professor an der Philosophischen Fakultät und Geheimer Regierungsrat Dr. Johannes Conrad wurde mit Gründung des Seminars für Genossenschaftswesen zu seinem 1. Direktor berufen.
Zur Diplomprüfung zugelassen wurden seinerzeit nur solche Bewerber, die Nachweise über den Besuch mindestens folgender Vorlesungen erbringen konnten:
- Volkswirtschaftslehre und Volkswirtschaftspolitik
- Einführung in die Staatslehre
- Einführung in das Handels- und Wechselrecht
- Genossenschaftsrecht
- Landwirtschaftliche oder gewerbliche Gennossenschaftslehre
Nach erfolgreicher schriftlicher und mündlicher Prüfung wurde ein Zeugnis verliehen: das seinerzit erste und bis heute einzige „Diplom für Genossenschaftsverständige“ an einer deutschen Universität.

1914
Im April 1914 tritt Prof. Conrad im Alter von 75 Jahren in den Ruhestand. Prof. Dr. jur. Wiedenfeld wird als Direktor eingesetzt, jedoch bald durch Kriegsdienste in Anspruch genommen. Da auch andere Dozenten einberufen wurden, kommt die Seminartätigkeit weitgehend zum Erliegen.

1919
Prof. Dr. Gustav Aubin wurde Direktor und Dozent des Seminars.

1920
Dem Privatdozenten Dr. Ernst Grünfeld wurde ein Lehrauftrag für Genossenschaftswesen übertragen, nachdem er schon seit 1913 Vorlesungen und Übungen zu diesem Thema abgehalten hatte. Grünfeld entwickelte zunächst ein Programm zur Reform des Seminars für Genossenschaftswesen.

1922
Im Jahre 1922 bewarben sich für das Sommersemester 592 Ausländer aus 38 Staaten und 4 Erdteilen für ein Studium bzw. als Gasthörer am Landwirtschaftlichen Institut.

1923
Prof. Grünfeld wurde die Leitung des Seminars übertragen. In der Folge entwickelte sich das Seminar durch die vielfältigen Aktivitäten Grünfelds zu einem national und international anerkannten Zentrum für Genossenschaftswesen.
Prof. Grünfeld schrieb zur Stellung und zu den Aufgaben des Seminars:
1923 wurde mir die Leitung des Seminars anvertraut. Damit hatten Fakultät und Unterrichtsministerium sich für meine Reformpläne entschieden, die nicht nur die Ausdehnung von Lehre und Forschung auf das gesamte Gebiet des Genossenschaftswesen zum Inhalt hatten, ... sondern vor allem der Tatsache Rechnung trugen, dass es nicht Aufgabe der Universität sein konnte, die große Zahl von Genossenschafts-Funktionären heranzubilden, die nicht Hochschulbildung erwerben wollten, schon deshalb, weil die großen Verbände des Genossenschaftswesens für ihren Nachwuchs inzwischen eigene Schulen errichtet hatten. Wohl aber sollte das Seminar für Lehre und Forschung eine besondere Pflegestätte des Genossenschaftswesens abgeben, an der es bisher in Deutschland gefehlt hatte, wobei besonderer Wert auf internationale Vergleichung, ausreichende Materialsammlung, Durchdringung des gesamten Stoffgebietes unter Aufnahme auch der soziologischen Betrachtungsweise gelegt werden sollte. Namentlich sollte Nationalökonomen, Juristen und Landwirten ... eine Sonderausbildung zuteil werden."
Dem Lehrkörper wurde ebenfalls im Jahre 1923 Dr. Karl Hildebrand als Dozent für Betriebswirtschaftslehre (unter besonderer Berücksichtigung des Genossenschaftswesens) verpflichtet. Hildebrand gilt als Bahnbrecher betriebswirtschaftlichen Denkens im Genossenschaftswesen, der noch im gleichen Jahr die Zeitschrift „Genossenschafts-Korrespondenz" gründete, die außer Aufsätzen und Besprechungen eine Chronik und eine Bibliographie des Genossenschaftswesens enthält. Durch Tausch dieser Zeitschrift konnten im Laufe der Zeit über 80 in- und ausländische Fachblätter dem Seminar zur Verfügung gestellt werden.

1924
Dr. Grünfeld gründete eine weitere Schriftenreihe: „Die sozialen Organisationen der Gegenwart". Neben Dissertationen, die aus dem Seminar hervorgegangenen waren, wurden Arbeiten von namhaften Autoren des In- und Auslandes über das Genossenschaftswesen veröffentlicht; bis 1930 liegen 12 Bände vor.

1926
Mit der Neugestaltung des volkswirtschaftlichen Studiums wurde die spezielle „Diplomprüfung für Genossenschaftswesen" nicht mehr aufgenommen.

1927
Der erste Band des in Gemeinschaft von Prof. Dr. Ernst Grünfeld, Prof. Dr. Julius von Gierke und Dr. Karl Hildebrand herausgegebenen „Handbuch des Genossenschaftswesens" erschien in vier Bänden.

1928
Die bisherige Zeitschrift „Genossenschafts-Korrespondenz" erscheint nun unter dem Titel »Vierteljahresschrift für Genossenschaftswesen«.
Neben Aufsätzen über volkswirtschaftliche, soziologische und betriebswirtschaftliche Fragen des deutschen Genossenschaftswesens enthielt die Zeitschrift eine internationale Bibliographie sowie eine Chronik des Genossenschaftswesens im In- und Ausland.
Zur Mitarbeit hatte Prof. Grünfeld führende Persönlichkeiten aus der Praxis des Genossenschaftswesens und aus der Wissenschaft gewonnen. Die Zeitschrift fand nach Einschätzung späterer Direktoren des Seminars großen Anklang bei den größeren Genossenschaftsverbänden, sowie bei allen am Genossenschaftswesen interessierten wissenschaftlichen Stellen des In- und Auslandes.

1929
An der Universität wurde ein „Lehrstuhl für Genossenschaftswesen" errichtet, der erste an einer deutschen Universität. Dr. Grünfeld wurde zum ordentlichen Professor für Genossenschaftswesen berufen und Ordinarius des Lehrstuhles. Hatte das Seminar unter Prof. Grünfeld seit 1923 schon einen erheblichen Ausbau erfahren, so beschleunigte sich dieser nunmehr. Die Bibliothek wurde auf das gesamte Genossenschaftswesen ausgedehnt. Es wurden Zeitschriften, Jahresberichte, Festschriften und sonstige Veröffentlichungen der Genossenschaftsverbände des In- und Auslandes gesammelt.
Studienstiftung der Genossenschaftsabteilung der Dresdner Bank, der „Kleemann-Stiftung": Für die Dauer von 10 Jahren erhielt das Seminar eine größere jährliche Zuwendung, wovon ein Assistent und die Durchführung und Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten finanziert werden konnten. Prof. Grünfeld wird als Mitglied in den Prüfungsausschuss für Volkswirte und Landwirte berufen.

1930
Im Promotionsalbum der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (gegr. 1914) sind für die Zeit von 1921 -1934, der Hauptschaffensperiode Prof. Grünfelds, 30 Dissertationsschriften zu Genossenschaftsthemen vermerkt. Darunter von Dänen, Bulgaren und einem Georgier. (Bis 1943 wurden weitere 13 Dissertationen zu Genossenschaftsproblemen verteidigt.)

1931
Die „Internationale Vereinigung zum Studium des Genossenschaftswesens" in Basel wählte Grünfeld zu ihrem Generalsekretär.

1932
Gemeinsam mit den Verbänden der landwirtschaftlichen, gewerblichen und der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften organisierte und leitete Prof. Grünfeld einen zweitägigen Lehrgang für Genossenschafter der Praxis, der mit 600 Teilnehmern als großer Erfolg eingeschätzt wurde. Die Öffentlichkeit nahm an dieser Veranstaltung großen Anteil, wie Faksimile der Presseorgane belegen. Der Briefverkehr mit dem Ausland weist aufwachsende internationale Ausstrahlung hin.

1933
50jährig, vor dem Zenit seiner wissenschaftlichen Leistungen, wurde Prof. Grünfeld auf Grund des faschistischen  „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 entlassen und ihm jegliche Tätigkeit an der Universität untersagt. Nach diesem Gesetz wurden Beamte, die nicht „arischer" Abstammung waren, in den Ruhestand versetzt. Beamte, „die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden".
Mit seiner Entlassung begann für den national und international geschätzten wissenschaftlichen Experten des Genossenschaftswesens ein dramatischer Absturz. Grünfelds Berufsverbot leitete den Niedergang des Seminars und den Verlust seiner internationalen Ausstrahlung ein. Nach jahrelangem Kampf um eine Anstellung und Rentenbezüge, seit 1934 wurde die Widerrufung seiner Einbürgerung betrieben, setzte Prof. Grünfeld 1938 seinem Leben ein Ende. Die Persönlichkeit und wissenschaftlichen Leistungen Ernst Grünfelds gerieten weitgehend in Vergessenheit und bedürfen noch der Bewertung seines Beitrages für die Genossenschafts- und Universitätsgeschichte.

1933
Prof. Dr. jur. Georg Jahn, Direktor des Staatswissenschaftlichen Seminars, wurde als Direktor des Seminars für Genossenschaftswesen eingesetzt. Die „Vierteljahresschrift für Genossenschaftswesen", die an die Person Grünfelds gebunden war, wurde eingestellt; damit Verlust der internationalen Tauschbasis in der Folgezeit. Die Bibliothek des Seminars hatte beim Ausscheiden Grünfelds ca. 2.000 Bücher und Broschüren sowie 137 Zeitschriften in 11 Sprachen.

1935
Dr. Jahns versuchte, die Zeitschrift mit neuem Titel wieder aufleben zu lassen, scheiterte an der allgemein ablehnenden Haltung des 3. Reiches zum Genossenschaftswesen. Von 1933 bis1936 sind kaum Aktivitäten des Seminars nachzuweisen.

1936
Es tritt eine neue Satzung des Seminars in Kraft, in der wesentliche Einschränkungen der Seminartätigkeit gegenüber der Satzung von 1926 deutlich werden. Mit Bezug auf die Tätigkeit des Seminars wurde in der Presse anlässlich seines 25jährigen Bestehens eingeschätzt: "...dass das Seminar zur ersten wissenschaftlichen Pflegestätte für Genossenschaftswesen in Deutschland wurde."

1937
Prof. Jahn wurde nach zweijährigem Kesseltreiben wegen seiner jüdischen Frau als „jüdisch versippt" in den Ruhestand versetzt. Neuer Direktor wird der vom nationalsozialistischen Studentenführer stark unterstützte Prof. Dr. rer. pol. Rudolf Streller aus Leipzig. Seit Wintersemester 1937/ 38 war Streller als a. o. Professor mit Vorlesungen zur „Wirtschaftlichen Staatswissenschaft" beauftragt. Durch Vorlage seines Ahnenpasses hatte er die „deutschblütige Abstammung" nachgewiesen. Unter Streller wurde die Tätigkeit des Seminars völlig auf „Genossenschaften in der Wehrwirtschaft" und die „Aufgaben der Genossenschaften bei der völkischen Durchdringung des Ostraumes" ausgerichtet.

1938
Die Genossenschaftsbibliothek erreichte ihren Endbestand mit 2.637 Titeln. (Diese sind zu einem großen Teil heute wieder verfügbar.)

1939
Prof. Streller wurde mit Kriegsbeginn einberufen. Das Seminar wurde vom Assistenten Dr. Oebser eingeschränkt betreut.

1940
Es wurden sieben „Volksdeutsche" zu Ehrenmitgliedern des Seminar ernannt, sie sich besondere Verdienste im „Volkstumskampf im südosteuropäischen Raum erworben hatten.

1941
Die Seminartätigkeit endete infolge des Krieges.

1947
Nach Wiedereröffnung der Universität am 1. Februar 1946 gab es Versuche zur Neubelebung der langjährigen Traditionen des Genossenschaftswesens an der Universität. Das Seminar für Genossenschaftswesen wurde unter Leitung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät weitergeführt. Als verantwortlich erschien i. V. Prof. Mitscherlich.

1948
Das Seminar stand unter Verantwortung von Prof. Hans Gehrig, der bereits 1911 als Privatdozent Vorlesungen im Seminar für Genossenschaftswesen gehalten hatte. Das Vorlesungsverzeichnis der Universität enthält wieder „Genossenschaftswesen", Lektor: N.N. Im September wurde ein Lehrauftrag für Genossenschaftsrecht beantragt. Der aus Brüx stammende Oberregierungsrat Dr. jur. Karl Zimmer hält vor der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät einen Vortrag zum Thema: „Das Genossenschaftsrecht im Hochschulunterricht".

1949
Dr. Zimmer wurde Landgerichtspräsident und als Mitglied in die Fakultät gewählt. Er hielt Vorlesungen zum Genossenschaftsrecht und zum Genossenschaftswesen.

1950
Im Oktober teilte Dr. Zimmer in einem Handschreiben aus Berlin mit, dass er „das Gebiet der Ostzone verlassen musste" und den Lehrauftrag niederlegt. Damit endet die Lehrtätigkeit zum Genossenschaftswesen.
Mit der einsetzenden „sozialistischen" Entwicklung, der damit verbundenen Missachtung der deutschen Genossenschaftstraditionen und Fehlorientierung auf den „Leninschen Genossenschaftsplan", endeten 1950 vorerst die seit 1870 datierenden Traditionen des Genossenschaftswesens an der Universität Halle.

Von der Wiederentdeckung 1990 bis zur Neugründung 1998

1990
Zu einer Wiedererweckung der nunmehr 120jährigen Traditionen des Genossenschaftswesens in Lehre und Forschung kam es seit 1990 am neugegründeten Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues der Landwirtschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

1993
Seit 1993 bestand ein eigenständiges Lehrfach "Ländliches Genossenschaftswesen", das 120 Stunden Lehrveranstaltung aufwies und explizit im Diplom aufgeführt wurde. Mehrere genossenschaftsbezogene Forschungsprojekte wurden erfolgreich durchgeführt.

Von der Neugründung 1998 bis zur Umstrukturierung 2013

1998
Am 16. Juli 1998 erfolgte die Neugründung als "Institut für Genossenschaftswesen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg e.V." (IfG).
Das IfG wurde insbesondere durch die Initiativen von Prof. Dr. Diethard Rost und PD Dr. Arnd Schmidt als "An-Institut" der Martin-Luther-Universität mit Sitz in der Lutherstadt Wittenberg neu gegründet. Es war das zweite Universitätsinstitut auf diesem Gebiet in den neuen Bundesländern von insgesamt neun in Deutschland. Von Neugründung kann deshalb gesprochen werden, weil ab 1911 an der damaligen Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg bereits ein "Seminar für Genossenschaftswesen" bestand, das bis 1950 existierte und nunmehr zu neuem Leben erweckt wurde.
Die bei der Neugründung beschlossene Satzung finden Sie nebenstehend als PDF-Dokument.
Dem Institut gehörten Wissenschaftler der Landwirtschaftlichen Fakultät, der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, des Fachbereiches Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Instituts für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) in Halle an.
Zum Vorstandsvorsitzenden wurde Prof. Dr. Dr. hc. Peter Tillack gewählt; als Beiratsvorsitzender konnte Prof. Dr. Heinz Stoffregen vom Genossenschaftsinstitut der Phillips-Universität Marburg gewonnen werden. Die durch das Institut mögliche interdisziplinäre Zusammenarbeit sollte dem "Betreuungsbedarf' der existierenden Genossenschaften entsprechen (u.a. Kredit-, Agrar-, Handwerks-, Wohnungs- und Konsumgenossenschaften).
Als eingetragener und gemeinnützig anerkannter Verein verfolgt das Institut das Ziel, das Genossenschaftswesen in Deutschland und Europa durch die Bereitstellung von Informationen, durch Strukturanalysen und die Reflexion von Problemen der Umgestaltung zu erforschen, wissenschaftlich zu begleiten und Reformprozesse anzuregen. In diesem Sinne betreibt es Forschung über das Genossenschaftswesen als anwendungsorientierte Forschung zur Geschichte, zu den Aufgaben, Strukturen, Arbeitsweisen und Entwicklungstendenzen der Genossenschaften. Besonderes Augenmerk wurde auf die Entwicklung in den neuen Bundesländern und die Kooperation mit Osteuropa gelegt.
Alle genossenschaftlich Interessierten können Mitglied des Vereins werden. Die acht Gründungsmitglieder rekrutierten sich aus den oben genannten Fakultäten und Bereichen der Universität und dem IAMO mit unterschiedlichen Arbeitsbereichen:

Prof. Dr. Ralf Michael Ebeling - Wirtschaftsprüfung
Prof. Dr. Peter Hertner - Wirtschaftsgeschichte
Prof. Dr. Diethard Rost - Landwirtschaftliche Betriebslehre
PD Dr. Arnd Schmidt - Genossenschaftslehre
Prof. Dr. Reinhart Schmidt - Bankbetriebslehre
Doz. Dr. Eberhard Schulze - Landwirtschaftliche Betriebslehre (IAMO)
Prof. Dr. Heinz Stoffregen - Genossenschaftslehre
Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Tillack - Landwirtschaftliche Betriebslehre (IAMO)

Es erfolgen ab 1999 regelmäßig Forschungen, Publikationen, Lehrveranstaltungen und die Herausgabe von Schriftenreihen, insbesondere unter dem Namen „Neue Hallesche Genossenschafts-Korrespondenz".

2001
In der Mitgliederversammlung vom 18. Dezember 2001 übergab Prof. Tillack nach Ablauf seiner Amtszeit die Positon des Vorstandsvorsitzenden. Als sein Nachfolger wurde Prof. Dr. rer. pol. Franz Max Reinhart Schmidt gewählt.

2008
Nach dem unerwarteten Tod des Vortstandsvorsitzenen Prof. Schmidt wurde in der Mitgliederversammlung vom 23.06.2008 Dr. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau und ehemaliger Geschäftsführer des Instituts für Genossenschaftswesen an der Philipps-Universität Marburg, zum neuen Vorstandsvorsitzenden des IfG gewählt.

2009
Im Jahre 2009 bewarb sich die IfG erfolgreich um die Teilnahme an einem vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) ausgeschriebenen Forschungsprojekt zum Rahmenthema „Genossenschaften und Klimawandel“. Das Gesamtprojekt firmiert unter dem Arbeitstitel „Solidarische Stadt. Genossenschaftliche Handlungsoptionen in Zeiten des Klimawandels“ und wurde koordiniert vom Zentrum für Technik und Gesellschaft der Technischen Univeristät Berlin. Das Projekt wurde erfolgreich durchgeführt und endete in 2013.

2011
Ein besonderes Highligt war die Festveranstaltung „100 Jahre Genossenschafts-forschung in Halle“ am 7. Oktober 2011 in der Universität in Halle mit hochwertigen Beiträgen namhafter nationaler und internationaler Vertreter. Den Flyer zu dieser Veranstaltung erhalten Sie. Der 245-seitige Tagungsband hierzu mit Video (DVD) des Festvortrages des Nobelpreisträgers Prof. Dr. Oliver E. Williamson ist in 2013 beim Universitätsverlag Halle-Witenberg erschienen und dort erhältlich.

2012
In den Jahren 2009 bis 2012 erfolgten Umstrukturierungsmaßnahmen in der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Im Ergebnis erfolgte die Arbeitsteilung in eine rein wissenschaftliche Tätigkeit mit erweitertem Fokus in der neu gegründeten Interdisziplinären wissenschaftlichen Einrichtung Genossenschafts- und Kooperationsforschung (IWE GK) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und eine reine Förderung der Tätigkeit der IWE GK durch das bisherige IfG. Als erster geschäftsführender Direktor der IWE GK wurde Prof. Dr. Winfried Kluth berufen.
In der Mitgliederversammlung vom 15. Oktober 2012 wurde die Änderung der Satzung der IfG und die Umbenennung in „Gesellschaft zur Förderung der Genossenschafts- und Kooperationsforschung Halle-Wittenberg e.V.“ beschlossen. Dr. Brockmeier übergab nach Ablauf seiner Amtszeit in der Mitgliederversammlung die Position des Vorstandsvorsitzenden. Manfred Kübler, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Halle (Saale) eG, wurde zu seinem Nachfolger gewählt.

Ab 2013

Die bisherige wissenschaftliche Arbeit wird nun durch die neugegründete Interdisziplinäre Wissenschaftliche Einrichtung Genossenschafts- und Kooperationsforschung (IWE GK) in der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakulät als „In-Institut“ durchgeführt.
Die Genossenschafts- und Kooperationsforschung erfolgt nicht mehr nur als An-Institut (IfG), sondern als vollwertiges In-Institut mit erweitertem Fokus durch die IWE GK.
Die Förderung der Genossenschafts- und Kooperationsforschung, insbesondere die der IWE GK, erfolgt weiterhin durch das bisherige „An“-Institut IfG. Mit Wirkung vom 11. Juni 2013 wurde das IfG in „Gesellschaft zur Förderung der Genossenschafts- und Kooperationsforschung Halle-Wittenberg e.V.“ (GFGK) umbenannt. (Amtsgericht Stendal, Vereinsregister Nr. 30580).
Die GFGK ist weiterhin als ein gemeinnützig anerkannter Verein selbstlos tätig und nun Förderer (Geldauftreiber- und geber) der IWE GK. Einige Mitglieder des Direktoriums der IWE GK sind auch in der GFGK Mitglied und im Vorstand vertreten.

2015
In der Mitgliederversammlung vom 26.11.2015 der GFGK wurde Herr Dr. habil. Michael Strich als neuer Vorstandsvorsitzender gewählt. Herr Kübler schied turnusmäßig aus und stand nicht zur Wiederwahl zur Verfügung.